Sommerliche Einblicke
Es war an einem Sonntagnachmittag im Juli. Der heisse Sommerwind blies stürmisch von West. Ab und an drohten dicke Wolken mit Gewitter. Der Kalender duldete keinen Aufschub. Die Schwestern des evangelischen Klosters Wülfingen öffneten im Rahmen ihrer seltenen Führungen die Pforten für Neugierige und Interessierte. Mitten in der Gartensaison hiess das: Blick frei auf das sonst von Mauern Verborgene. Der Parkplatz war voll. Das Gedränge blieb aus. Ganz norddeutsch blieb man angeregt auf Distanz, und wartete geduldig bis die Konventualinnen zur Führung einluden.
Neugierige Blicke hinter Klostermauern
Ein Garten als Denkmal
Dass die Damen sich nicht so gerne über den Gartenzaun schauen lassen, hat nichts mit Geheimniskrämerei zu tun. Sie mögen es lieber ruhig. Dafür haben sie sich schliesslich mit Ihrem Entschluss fürs Klosterleben entschieden. Über Jahrhunderte hinweg ist ihr Klostergarten das geblieben, was er sein sollte: ein Ort der Ruhe, des Schaffens, des Säens und des Erntens. Im eigentlichen Sinne ist es kein Garten sondern eine Gartenanlage. Traditionell hat jede Bewohnerin des Klosters ihr eigenes Stück Land zum Bewirtschaften. Darauf solle gedeihen, was zum Leben notwendig ist: Obst, Gemüse, Kräuter und bunte Blumen. So ist über die Jahrhunderte eine bemerkenswert schöne Anlage mit alten Bäumen, Gemüsebeeten, Blumenrabatten und Obstbaumwiesen entstanden. Mittlerweile sind die Gärten des Klosters denkmalgeschützt. Nichts darf verändert werden. Falls die Natur doch ihr Recht fordert, müssen die Bewohnerinnen des Klosters für Ersatz sorgen. Das gilt für alte Bäume wie die geliebten Buchsbaumhecken, welche die Parzellen der Konventualinnen voneinander trennen.
Ab durch die Buchsbaumhecke
Wenn sie doch nicht so anfällig für Trockenheit und Krankheiten wären. Sorgen bereiten den Konventualinnen und ihrem Gärtner die Buchsbaumhecken. Ihre langen Reihen kleinblättrigen dunklen Grüns prägen massgeblich das Bild der Gärten im Kloster Wülfinghausen. Sie dienen faktisch als optische und räumliche Begrenzung zwischen den einzelnen Gärten der Konventualinnen. Die Hecken geben dem Areal eine Struktur. Sie einen es gleichermassen mit der Durchlässigkeit in ihren Lücken. Einige dieser Lücken sind ungewollt. Das zeigen die braune Färbung der Blätter und die abgestorbenen Zweige. Alternativen sind rar. Bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass die Bestände erhalten bleiben.
Der Traum vom Paradies
Die Vorstellungen vom Paradies sind sehr vielfältig und individuell ganz verschieden. Schwester Heike Scheufler, welche durch die Gärten führte, hat da ganz Konkrete. Ihrer Meinung nach manifestieren sie sich im sogenannten Paradiesgarten des Klosters. Er ist sozusagen die Wohnstube, das Vorzeigezimmer des Klosters. Er hat wahrlich alles, was einen idealen Platz auszeichnet. Weite und Begrenzung. Licht und Schatten, duftende Rosen und lauschige Ecken. Raum für Rückzug und geselliges Zusammensein. Ihrer Einladung zum Erfühlen des Ortes mit allen Sinnen folgten die Besucher mit sichtlichem Behagen und auch Begeisterung.
In den Konventualinnengärten
Würzig geht es zu im Kloster Wüflinghausen. Es sind weniger die Heilkräuter, die in stattlichen Büscheln in den Beeten spriessen, als die Gewürz- und Küchenkräuter. Allerdings lässt sich die Freude an würzigen Kräutern lediglich bei drei bis vier Gärten konstatieren. Die Ringelblumen und das Johanniskraut geniessen dabei ihre Berechtigung neben dem Liebstöckel, den Zwiebeln, Bohnenkraut und all den anderen grünen Köstlichkeiten. Ausdruck persönlicher Individualität der Konventualinnen spiegelt sich in den unterschiedlichen Gestaltungen und Nutzungen der einzelnen Gärten wieder. Das verhilft dem Ganzen zu einem abwechslungsreiches Bild und setzt spannende Akzente in der Gartengestaltung. Wo Lichtinseln den Schatten der alten Bäume unterbrechen, sind dann meist bunte Blumenrabatten angelegt. Insektenhotel, Windspiele und Hängematten lassen erahnen, was jeweils die Einzelne an diesem Garten wohl besonders schätzen mag.
Die Zukunft liegt auf dem Berge
Im Wechselspiel zwischen Licht und Schatten, hohen Bäumen, freien Flächen und Büschen vermittelt sich den Besuchern der Eindruck einer parkähnlichen Anlage. Durchkreuzt wird der grosse Garten von einem kleinen Bach. Noch führt er Wasser, aber bei grosser Trockenheit versiegt er. Es ist an der Zeit, dass der Wald auf dem Berg hinter dem Kloster wieder aufgeforstet wird. Dann kann der Bach auch wieder ganzjährig frisches Wasser geben. Das liegt in den Händen der Klosterkammer Hannover zu der auch das Kloster Wülfinghausen zählt.
Anreise und Internet-Adresse:
https://www.kloster-wuelfinghausen.de
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