Hildegards Vermächtnis

Geliebt und verehrt

Sie ist eine der grossen Leitfiguren in der Naturheilkunde. Ernährungstrends werden aus ihren Werken abgeleitet. Dem Dinkel verhalf sie unverhofft zu neuen Ehren. Vielen Frauen ist sie wegen ihrer Beharrlichkeit und Klugheit ein Vorbild. Die Menschen im mittleren Rheintal lieben ihre Heilige und bewahren ihr Erbe. Die Benediktinerinnen der St. Hildegard-Abtei in Eibingen bei Rüdesheim widmen sich der Aufarbeitung ihres theologischen Werkes. Am anderen Rheinufer haben die Schwestern vom Kreuz ein wunderbares Hildegard-Zentrum mit Kräutergarten und Begegnungszentrum gestiftet.

Die Türme der Stiftskirche der Eibinger Abtei St. Hildegard.

Die Benediktinerinnen der Abtei St. Hildegard

Selten bekommt man die Nonnen zu Gesicht. Stimmt die Zählung auf dem Konventfoto, dann leben, beten und arbeiten in der Abtei St. Hildegard 45 Benediktinerinnen. Selbst zum Chorgebet bekommt man die wunderschönen Stimmen aus dem rechtwinklig abgewinkelten Chor der Stiftskirche nur zu hören. Es kann schon geschehen, dass man völlig entrückt vom Klang der meditativen Gesänge nach Verlassen des Kirchenraumes benommen in den Weiten der Weinberge des Rheingaus steht.

Deckenmosaik in der Stiftskirche St. Hildegard Eibingen.

Einen typischen Kräutergarten à la Hildegard lassen die Schwestern vermissen. Dafür haben sie offensichtlich keine Zeit. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Erforschung Hildegards Schriften und Werke. Erklärtes Ziel ist es, “im tiefsten Verstehen der Schriften unserer hl. Patronin der Welt diese verborgenen Schätze und Reichtümer wieder im vollen Umfang zugänglich” zu machen. Ergebnis ihrer beachtlichen Anstrengungen ist die Herausgabe der zehnbändigen vollständigen Werksausgabe von Hildegards Schriften in Zusammenarbeit mit den Beuroner Benediktinern..

Die Eibinger Pfarrkirche Johannes des Täufers ist zugleich die Wallfahrtskirche St. Hildegard.

Die Wallfahrtskirche Sankt Hildegard

Am selben Hang des nördlichen Rheinufers etwa 200 Meter unterhalb der im Jahre 1904 geweihten Benediktinerinnenabtei St. Hildegard befand sich Hildegards zweite Klostergründung. An den alten Standort erinnert noch eine Gedenktafel im Mauerwerk der ihr gewidmeten Wallfahrtskirche. Es ist die Pfarrkirche des kleinen Winzerörtchens Eibingen. Die Gebeine der Heiligen Hildegard sind in einem goldenen Schrein hinter dem Altar aufgebahrt. Sie sind das Ziel zahlreicher Pilger und Besucher.

Der Schrein mit den Gebeinen steht oberhalb des Altars im Zentrum des Kirchenschiffes.

Alljährliche Wallfahrten zu den Gebeinen der Heiligen Hildegard sind Höhepunkte im kirchlichen Leben. Sie einen die Menschen in ihrem Glauben. Die Tradition der Wallfahrten zur Heiligen Hildegard begann im Jahre 1857. Jedes Jahr wird sie am 10. Mai eröffnet und schliesst am 10. Oktober. Der Höhepunkt ist ihr Sterbetag, der 17. September, dem mit einem festlichen Pontifikalamt gedacht wird.

Die Rochuskapelle bei Bingen am Rhein erinnert an die erste grosse Pest 1661 und beherbergt eine Reliquie Hildegards von Bingen.

Die Rochuskapelle

Genau gegenüber dem Eibinger Kloster auf der südlichen Rheinseite dem Bergrücken des Rochusberges wurde im Jahre 1666 zur Erinnerung an die erste grosse Pest eine Wallfahrtskapelle errichtet. Mehrfach wurde sie durch Brände und kriegerische Handlungen zerstört. Der heutige neugotische Bau entstand am Ende des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich war die Kapelle mit dem Mobiliar des aufgelösten Eibinger Klosters ausgestattet. Heute beherbergt der Altar nur noch eine Reliquie Hildegards. Folgt man den Kieswegen durch die dicht bestandenen Laubbaumhaine, gelangt man zu einem Aussichtspunkt, der einen bewundernswerten Ausblick auf die Rheinauen und die Weinberge bietet.

Abgeblühter Lavendel duftet nicht mehr. Seine schöne Gestalt hat er sich bewahrt.

Das Hildegard-Forum der Kreuzschwestern in Bingen

Die Kongretation der Kreuzschwestern hat sich der Arbeit mit den Schwachen und Armen verschrieben. Das deutsche Mutterhaus in Bingen schuf mit dem Hildegard-Forum eine lebendige Begegnungstätte mit einem riesigen Kräutergarten, der zum Verweilen und Entdecken einlädt.

Nach dem Vorbild des klassischen Hortulus sind die Beete mit den Heilpflanzen rechteckig angelegt und mit Holzbohlen gefasst.

Vorbild für den völlig neu geschaffenen Kräutergarten war der Hortulus des Walahfried von Strabo und die umfassenden Beschreibungen von Pflanzen und Kräutern Hildegards. Auf dem Bergrücken des Rochusberges nur wenige Schritte entfernt von der Rochuskapelle befindet sich das harmonisch angelegte Areal. Das Forum versteht sich als Vermittlungsstätte der Botschaften Hildegards mit zahlreichen Seminaren, Ausstellungen und Veranstaltungen. Bewirtschaftet wird das Forum übrigens als Integrationsbetrieb.

Kletten im Hildegardgarten in Bingen.

Der Hildegardgarten am Rhein in Bingen

Radfahrern ist der Hildegardgarten direkt am Rhein bestens als ruhiger, beschaulicher Rastplatz bekannt. Liebevoll nennen ihn die Ortskundigen den Hildegarten. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Museum am Strom, hat die Stadt Bingen ein kleines Layrinth mit den typischen Hildegardpflanzen und -kräutern geschaffen. Die grossen Hecken schützen gegen Sonne und Wind. Jeder Interessierte kann neugierig mäandernd auf eine kleine beschilderte Entdeckungsreise durch die Pflanzenwelt gehen.

Bronzestatue der Heiligen Hildegard von Bingen vor der Kirche in Rupertsberg unweit des Standortes ihres ersten Klosters.

Der Rupertsberg in Bingerbrück

Viel übrig geblieben ist nicht von der legendären Klosteranlage auf dem Rupertsberg. Sie fiel den Bauarbeiten der Bahnstrecke entlang der Nahe zum Opfer. Erhalten geblieben ist ein Keller, der nach Voranmeldung zu besichtigen ist oder auch der Blick auf die am gegenüberliegende Burg Klopp vom ehemaligen Standort des einstigen Klosters. Eine Tafel am Haus auf den Grundmauern der ehemaligen Gebäude erinnert an das Wirken Hildegards an diesem Ort. Einige Straßen weiter, vor der katholischen Pfarrkirche St. Hildegard und St. Rupertus ist die bronzene Gestalt Hildegards im Pfarrhof abgestellt. Manchmal blinzelt sie in die Sonne, das andere Mal verharrt sie still im Regen.

Allen Enttäuschten hat die Stadt Bingen am gegenüberliegenden Naheufer ein Fernrohr gestiftet, in dem die alte Klosteranlage beim Durchschauen noch einmal sichtbar wird.

Wenig ist vom ehemaligen Kloster auf dem Disibodenberg übrig geblieben. Noch immer pilgern die Menschen auf den Spuren Hildegards zum ehemaligen Kloster im Nahetal.

Die Klosterruine auf dem Disibodenberg

Nur wenige Grundmauern und Steine erinnern an die erste Station Hildegards Leben als Nonne. Anhand der Grundmauern lassen sich Umstände und Lebensbedingungen in der Klause nachvollziehen, welche Hildegard von Bingen gemeinsam mit Jutta von Spohnheim im Jahre 1112 bezog. An diesem denkwürdigen Ort erhielt sie von ihr die ersten Unterweisungen und verbrachte rund 40 Jahre in dem Kloster. Den Disibodenberg am Rande des Nahtals verliess sie im Jahre 1152 für ihre Klosterneugründung auf dem Rupertsbeg bei Bingen.

Heute kümmert sich ein Verein um die Überreste des Klosters auf dem Disibodenberg und das Andenken an das Wirken der Heiligen Hildegard.