Selbstbildnis des Autors dieses Artikels in mühevoller Kleinarbeit in Marmor geritzt.

Erprobte Heilpflanzen als Therapiealternativen

Hitzewallungen und Schweissausbrüche sind die Hauptsymptome unter denen Frauen in der Peri- und Menopause leiden. Das sind sogenannte vasomotorische Beschwerden. Ursächlich dafür sind die hormonellen Umstellungen im weiblichen Körper. Klassischerweise bieten Ärzte den unter diesen Symptomen leidenden Frauen eine Hormon-Ersatz Therapie (HRT) an. Obwohl diese als die effektivste Therapieform beschrieben wird, wünschen sich viele Frauen auch alternative Behandlungsformen ohne Hormone.

Die aktuelle S3-Leitlinie zur Peri- und Postmenopause spricht sich neben der hormonellen Therapie ausdrücklich für weitere Therapieoptionen wie Verhaltenstherapie und nicht-hormonelle Behandlungen beispielsweise die Phytotherapie aus. Sie empfiehlt Ärzten, unter peri- oder postmenopausalen Symptomatik leidenden Frauen, über sämtliche Therapieoptionen zu informieren. So können sich durchaus Präparate der Traubensilberkerze (Cimifuga racemosa; Actaea racemosa), des Rotklees (Trifolium pratense), des sibirischen Rhabarbers (Rheum rhapontikum) zur Verminderung von Hitzewallungen eignen. Die Leitlinie spricht davon, dass bei der Verwendung dieser aus Pflanzen zubereiteten Arzneimittel durchaus von einem möglichen Nutzen und einem geringen Risiko ausgegangen werden kann.

Im Leben einer Frau ist der Eintritt in die Wechseljahre ein biologischer Meilenstein. Damit sie fundierte Entscheidungen über ihren individuellen Lebensstil und die passende mögliche Behandlungen treffen können, sind sie auf ärztlichen Rat und umfassende Informationen angewiesen. Das gilt besonders auch für die Auswahl eines komplementären Phytotherapeutikums.

Die Wirkweise dieser Pflanzenpräparate beruht auf den umstrittenen Phyto-Östrogenen. Möglicherweise ebnet die neue ärztlichen Leitlinie zur Peri- und Postmenopause den Phyto-Östrogenen nun den Weg als alternative Behandlungsoption. Im Vergleich zu den körpereigenen Östrogenen sollen beispielsweise die Soja-Phyto-Östrogene eine vergleichsweise geringe Wirkstärke haben, aber bei ausreichender ernährungsbedingter Zufuhr Wirkung zeigen. 

Allerdings weist die S3-Leitlinie auch auf begründete Unsicherheiten seitens der Behandler und Behandlerinnen im Umgang mit Phytotherapeutika hin. Aus der Vielzahl angebotener Zubereitungen ergibt sich eine gewisse Unübersichtlichkeit in der Zusammensetzung und Wirkweise der Präparate. Das schränkt somit auch die Berücksichtigung möglicher unerwünschter Arzneimittelwirkungen ein. Andererseits handelt es sich um pflanzliche Präparate. Starke Schwankungen in der Zusammensetzung und im Wirkstoffgehalt sind nicht selten. Abhängig vom Herkunftsgebiet und dem Erntezeitraum unterliegen sie natürlichen Schwankungen. Das beeinflusst die Wirkweise der Präparate ganz unmittelbar. Geringe Erfahrungen bestehen bisher zu den Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Häufig können sie nicht ausgeschlossen und sehr schwer eingegrenzt werden können.

Die oben aufgeführten Probleme, sind den britischen Kollegen des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) wohl bekannt. Sie vertreten allerdings die Meinung, dass Phytoöstrogene (Isoflavone, z.B. in Sojamilch, Sojamehl) und Traubensilberkerzen-Präparate bei Frauen mit peri- oder postmenopausalen Symptomatik besser wirksam sind als Placebos. Jedoch schneiden sie nicht signifikant besser im Vergleich zu kombiniertem Östrogen plus Gestagen ab. Auch die britischen Experten teilen die Sorgen bezüglich der Medikamentensicherheit bei Phytoöstrogenen (Isoflavonen) und Traubensilberkerzen-Präparaten. Ihre Besorgnis betrifft vor allem die bisher unbekannten Risiken. Die bisher völlig unzureichende Studienlage für Anwendungen von pflanzlichen Heilmitteln im Fachgebiet Gynäkologie verstärkt oftmals die Unsicherheit der verschreibenden Ärzte und Ärztinnen. Unbestritten können die während der Peri- und Menopause auftretenden Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit, Stimmungsschwankungen, Ängste, sexuelle Probleme und Gelenkbeschwerden durchaus im Zusammenhang mit den hormonellen Veränderungen stehen. Allerdings konnte das bisher nicht eindeutig belegt, aber eben auch nicht ausgeschlossen werden. Pflanzliche Heilmittel werden in Zukunft bei der Behandlung von psychischen Problemen, physischen Einschränkungen und zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens eine wesentlich grössere Rolle spielen als heute.


Quellen:

https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-062l_S3_HT_Peri-Postmenopause-Diagnostik-Interventionen_2020-12.pdf; 13.12.2020.

https://www.nice.org.uk/guidance/ng23/evidence/full-guideline-pdf-559549261; 30.11.2020.

Ähnliche Beiträge