Gelber Klassiker fürs Älterwerden
Spielt ein bisher unbeachteter Inhaltsstoff eine Rolle für die Wirksamkeit von Kürbiskernen?
Uneinigkeit wie sonst nur bei der Bewertung aktueller Fussballergebnisse herrscht bei den Herren mit einer gutartig vergrösserten Prostata. Die einen schätzen die sanfte Wirkung von Kürbiskernen und daraus gewonnenen Extrakten. Andere wiederum, und das ist die Mehrheit, registrierten keine Verbesserung und sind daher nicht überzeugt bzw. sind enttäuscht von den Kernen der Gartenkürbisse. Besser schneiden in der Bewertung da auch nicht die Kerne der steierischen Ölkürbisse ab.
Dabei hätte alles so schön sein können. Kürbiskerne enthalten Phyto-Sterole, darunter das Beta-Sitosterin. Die Ergebnisse einiger wissenschaftlicher Studien zeigten eine mögliche positive Wirkung des Beta-Sitosterins auf die Prostata. Vermutet wird, dass das Beta-Sitosterin die Testosteron-5α-Reduktase hemmt. Das funktioniert leider nicht bei allen, die unter einer gutartigen Prostatavergrösserung leiden. Daher rührt wahrscheinlich die allgemeine Zurückhaltung und Unsicherheit bei der Verwendung von Kürbiskernen.

Kürbiskerne sind als pflanzliches Heilmittel bei benigner Prostatahyperplasie anerkannt.
Erst kürzlich gelang Wissenschaftlern der Nachweis von Adenosin in Kürbiskernen. In der Urologie spielte Adenosin bisher keine grosse Rolle. Adenosin ist ein Purinnukleosid. Diese auch in Körperzellen vorkommende hydrophilen Verbindung hat das Potenzial neuromodulatorische und rezeptorvermittelte Signalwege zu beeinflussen. Therapeutisch wird es überwiegend in der Kardiologie genutzt. Körperzellen produzieren bei Energiemangel vermehrt Adenosin. Der Überschuss wird aus den Zellen ausgeschleust und dockt an Adenosinrezeptoren an. Dieses Signal vermittelt den beteiligten Zellen, weniger zu arbeiten bzw. weniger Transmitter auszuschütten, sozusagen Energie zu sparen.
Auch die Blase verfügt über Adenosinrezeptoren, welche das Zusammenspiel der Blasenmuskulatur beeinflussen können. Die Aktivierung von präsynaptische A1-Adenosinrezeptoren bspw. unterdrückt unwillkürliche Kontraktionen der Blasenmuskulatur, was mit einem verminderten Harndrang einhergeht. Das zeigte sich jedenfalls in den Versuchsreihen bei Ratten. In der Harnblase wird der Tonus der glatten Muskulatur des Detrusors durch ein dynamisches Gleichgewicht zwischen parasympathisch induzierter Kontraktion und adrenerger Entspannung reguliert. Damit die Blase sich entleeren kann wird die Blasenmuskulatur aktiviert. Sie zieht sich zusammen. Bei der überaktiven Blase finden die Kontraktionen zu häufig statt. Die Betroffenen nehmen die Aktivität des Blasenmuskels als Harndrang wahr. Eine unzureichende Verfügbarkeit von Adenosin vermittelt den Rezeptoren an der glatten Muskulatur jedoch Anspannung, was dann die Zeichen einer überaktiven Blase auslöst.
Im Hinblick auf die Ergebnisse ihrer Untersuchung sind sich die rumänischen Wissenschaftlerinnen jedoch nicht sicher, ob sie die Wirkung der Kürbiskern-Extrakte einer direkten Rezeptoraktivierung oder dem in der Phytopharmazie bekannten Effekt des Zusammenspiels aller Inhaltsstoffe zuschreiben.
Quellen:
Grasu, A.-E., Senn, R., Halbsguth, C., Schenk, A., Butterweck, V., Zecchin, G., Mangalagiu, I. I., Ciobanu, C.-I., & Miron, A. (2025). Pumpkin Seeds Harbor Hidden Agonists: Adenosine-Mediated A1 Receptor Activation and Antioxidant Activity. Scientia Pharmaceutica, 93(4), 48. https://doi.org/10.3390/scipharm93040048
Hänsel, R., Sticher, O.: Pharmakognosie-Phytopharmazie, 9. Auflage, Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2010.
https://www.donau-uni.ac.at/de/aktuelles/presse-medien/presseinformationen/2017/kuerbiskerne-bei-prostatabeschwerden-wirkungslos.html; gelesen 03.10.2025
https://www.aerzteblatt.de/archiv/langzeituntersuchung-mit-beta-sitosterin-955a38fe-95ec-45bd-afd8-7c1c504c3b23; gelesen 03.10.2025