|

Waldmeister – das wohlriechende Labkraut

Blühender Waldmeister vor einem vermoosten Baumstamm

Waldmeister (Galium odoratum)

Es ist ein Duft der Kindheit – der typische aromatische Geruch des Waldmeisters. Wir erkennen ihn sofort und erinnern uns an Pudding, Eiscreme, Sirup und Götterspeise. Vielen ist er noch ein Begriff als Aromaspender für die traditionelle Maibowle. In den späten siebziger Jahren kam der beliebte Waldmeister in Verruf und die Anwendung als Aromastoff wurde letztendlich verboten. Beim aromabildenden Inhaltsstoff Cumarin entdeckte man eine karzinogene (krebserregnde) Wirkung. Frei nach dem Motto „einmal ist keinmal“ blieben viele ihrer Tradition und dem einmaligen Genuss der geliebten Maibowle treu. Zumahl die Verfügbarkeit des Aromakrauts zeitlich sehr beschränkt ist. Vom Ausranken der Pflänzchen aus dem laubbedeckten Waldboden bis zur Blüte veregehen nur wenige Tage im Mai.

Bowlenaroma statt Heilmittel

Aufgrund seiner bekannten gefässerweiternden und krampflösenden Wirkung, wird beim Waldmeister eine Eignung zur Behandlung von Migräne vermutet. Das ist allerdings sehr kritisch zu hinterfragen, da der enthaltene Wirkstoff Cumarin in grösseren Mengen ebendiese Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen auslösen kann. Die im Laub der Waldmeisterpflänzchen enthaltenen Anteile des Cumarins sind bei der Bildung des wahrnehmbaren Waldmeisteraromas beteiligt.

Weitere Anwendungsgebiete wie Herzbeschwerden, Schlaflosigkeit und Nervenschmerzen konnten bis heute weder durch die Literatur noch durch klinische Studien belegt werden.

Cumarin ein problematischer Inhaltsstoff

Das in den Pflanzen vorhandene Cumarin dient in erster Linie der Selbstverteidigung, dem Frassschutz. Daher meiden Insekten diese Pflanzen. Praktischerweise lässt sich mit dem Pflanzenkraut auch eine Abwehr von Mücken bewirken. Cumarin kann bei der Verstoffwechselung im Körper leberschädigende Abbauprodukte erzeugen, die im ungünstigsten Falle eine krebserregende Wirkung haben können. Es gibt zwar eine unbedenkliche Grenzmenge, bis zur der keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind (0,1mg/kg Körpergewicht). Der Gesetzgeber versuchte offensichtlich mit dem Verbot des Waldmeisters als Aroma für die Lebensmittelindustrie, Kinder und Heranwachsende zu schützen. Bekanntermassen mögen sie gerade grüne Süssigkeiten mit Waldmeisteraroma. Heute bedient man sich eines künstlichen Aromastoffes, der das verdächtige Cumarin nicht enthält.

Weil die beanspruchten Wirksamkeiten nicht belegt werden konnten, lehnte die Kommission E des BfArM bereits 1987 die Anerkennung als Heilpflanze ab. Dieser Schlussfolgerung folgte die EMA/HMPC und erstellte ebenfalls keine Monografie. Selbst die ESCOP erwähnt den Waldmeister bisher nicht.

Inhaltsstoffe:

Cumarin und Cumarinvorstufen, Iridoidglucoside, phenolische Verbindungen: Gallussäure, Kaffeesäure, p-Cumarsäure, p-Hydroxybenzoesäure, Vanillin

Wirkung:

gefässerweiternd, entzündungshemmend, krampflösend

Waldmeister im Gegenlicht vom Boden eines Buchenwaldes aus gesehen.

Mehr über das beliebte Bowlenkraut:

Ähnliche Beiträge

  • |

    Wegrauke – das Sängerkraut

    Weg-Rauke (Sisymbrium officinale) Als omnipräsentes Unkraut scheint die Wegrauke (Sisymbrium officinale) als Heilpflanze völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Im Volksmund wird sie auch als Sängerkraut bezeichnet. Den Alten ist das Kraut der Wegrauke noch gut als Mittel gegen Heiserkeit bekannt. Vielleicht sangen sie mehr? Es sind die Senfölglykoside – so die Annahme – die…

  • Aromen zum Wohlfühlen

    Was ist dran, dass der Duft von Zimt, Nelken, Anis und Kardamom uns in weihnachtliche Stimmung versetzen? Ist das Einbildung oder nur die Erinnungsmaschine, die uns in vergangene Zeiten zurückversetzt? Sind das Reflexe, die wir erworben haben in Erwartung einer gehobenen Stimmung, die schon immer ein Wunschbild für die festlichen Tage war? Wieso sind uns dann diese Gewürze gerade so wichtig in Erwartung des grossen Festes?

  • |

    Wurmfarn – der Drachentöter

    Wurmfarn (Dryopteris filix-mas) In alten Pflanzenbüchern ist der Wurmfarn immer wieder als Heilkraut beschrieben worden. Bereits der Name verweist auf die in der Vergangenheit genutzten Eigenschaften der Blätter und Wurzeln. Sie enthalten eine der Anthelminthika zugeordneten Verbindung die Filixsäure. Auf Parasiten und Würmer, die sich im Köper eingenistet haben, wirkt sie abtötend. Zudem besitzt die…

  • Heilsames Geniessen mit dem Duft der Rose

    Das Leben und die Liebe feiern mit einer Rosenbowle. Die Haut ist der Spiegel der Seele. Körperliches und seelisches Wohlbefinden drückt der Zustand unserer Haut aus. Ein Bad in Rosenblättern ist der oft beschriebene Gipfel von Genuss und Lebensfreude. Oft wird übersehen, dass Rosenblätter erwiesenermaßen ganz natürliche Heilmittel sind. Allein ihr Duft und die Farbe…

  • Süsses oder Saures?

    Fremde mit roten Köpfen Grosse rote Früchte aus dem Norden Amerikas und den Weiten Kanadas haben es während der letzten Jahrzehnte auf den Speisezettel der Europäer geschafft. Die Cranberries (Vaccinii macrocarpi fructus), Kranbeeren oder auch Moosbeeren konkurrieren mit den einheimischen Preiselbeeren (Vaccinium vitis-idaea). Dabei haben sie relativ leichtes Spiel. Ihre Früchte sind im Vergleich zu…

  • Alles so schön bunt hier!

    Diese Drogen machen das Leben schöner. Zuerst schulden wir unseren Leserinnen und Lesern eine Begriffsklärung. Bei Drogen handelt es sich im ursprünglichen Sinne um pflanzliche, mineralische oder tierische Rohstoffe, die zur Herstellung von Heil- und Arzneimitteln, Gewürz- und Riechstoffen oder als Geschmackskorrigenz sich eignen. So jedenfalls definieren es die medizinischen und pharmazeutischen Kompendien. Vermutlich leitet…