Ein frisches Grün unterscheidet die jungen Triebe der Fichte von den alten.
|

Fichte – des Maien Schuss

Fichte (Picea abis)

Die holzverarbeitende Industrie und der Borkenkäfer mögen die Fichte. Weil sie ein schnell und gerade wachsendes Holz produziert, sind die Fichtenbäume schon seit Jahrhunderten begehrte Holzlieferanten. Für die Forstindustrie sind sie die sogenannten Brotbäume. Das hat zu einer Monokultur in unseren Wäldern geführt, die ganze Landschaften prägt. Die Klimaveränderungen verbunden mit anhaltender Trockenheit haben die Fichtenwälder zu Speiseplatten für den gefürchteten Borkenkäfer werden lassen. Europaweit und insbesondere im Harz leiden die Wälder unter seiner zerstörerischen Gefrässigkeit.

In gelockertem Bestand hat die Fichte einen schönen ebenmässigen Wuchs von ausgeprägter Pyramidenform. Die unteren Äste fast auf dem Boden ausgebreitet verjüngt sich die Gestalt der Bäume gleichmässig nach oben, um alle Äste und Zweige gleichmässig ins Sonnenlicht zu rücken. Bei fehlendem Licht – in dicht bestandenen Wäldern – verkümmern die unteren Äste und sterben ab. Die braunen, oft von grauen Flechten bedeckten, verdorrten Zweige verstärken oft den den düsteren Eindruck eines dichten Fichtenwaldes.

Jedes Jahr im zeitigen Frühjahr bilden sich an den Zweigen der Fichten neue Triebe. Zunächst sind sie als rötlich-braune Spitzen sichtbar, die das nachwachsende Grün vor Frost und Fressfeinden schützen. Ende April bis Anfang Mai leuchten dann die neuen Triebe in frischem Grün. Je nach Landschaft werden sie als Maischuss, Maiwipferl, Maitrieb oder Fichtentriebe bezeichnet.

Fichtensirup

Egal ob in den Alpen oder in den Karpaten. Eine Flasche Fichtensirup findet sich fast in jedem Hause. Es ist ein einfach herzustellendes Hausmittel. Bei Erkältungen wirkt er entkrampfend auf die Bronchien und hilft beim Abhusten von Schleim. Ein schneller Schluck aus der Flasche hilft bei Müdigkeit, Erschöpfung oder einem schwachen Kreislauf.

Gesammelt werden die jungen Triebe der Fichten im Frühjahr. Ihr giftig helles Grün unterscheidet sie deutlich von den älteren Trieben. Leicht lassen sie sich pflücken, da sie noch nicht verholzt sind. Auf manchen sitzt noch ein rötliches Zipfelchen, das die jungen Triebe vor Frost und Kälte schützt. Mit zunehmender Sonne und Wachstum streifen sie die ab. Die besten Maiwipferl sollen die alten Bäume im Alter von 60-80 Jahren liefern. Sie sollen die besten und meisten Wirkstoffe enthalten. Fragt sich nur: wie da herankommen?

Wasser und Zucker miteinander vermischen. Eine Handvoll Maitriebe der Fichte hinzugeben. Bei kleiner Flamme das Gemisch unter ständigem Rühren bis zur gewünschten Konsistenz eindicken. In Flaschen abfüllen, stehen und ziehen lassen. Im Laufe des Jahres sollten die Flaschen ab und zu kräftig durchgeschüttelt werden.

Fichtenpech

Picea ist die lateinische Bezeichnung für den Fichtenbaum. Der Wortstamm von Picea ist wahrscheinlich pix oder picis. Das bedeutet Pech oder Harz. In manchen Landstrichen wird die Fichte auch Harzbaum oder Pechbaum gennant. Fichtenpech ist das Baumharz des Fichtenbaumes. Es rinnt aus Verletzungen der Borke und der Äste, den jungen frischen Zapfen und dem Stamm nach Baumschnitt. Die klebrige Substanz ist schwierig zum Sammeln. Unfachmännische Ritzungen der Borke und das Brechen von Ästen stören die Baumgesundheit. Das Interesse an natürlichen Hilfs- und Heilmitteln rechtfertigt die Verletzung der Bäume nicht. Das Harz ist äusserst zähflüssig und die Gewinnung zeitaufwändig. Meist wird Fichtenpech als Zutat für Heilsalben bei Entzündungen, schlecht heilenden oberflächlichen Wunden, Schorf und Schrunden.

Fichtennadelöl

Das ätherische Öl der Fichtennadeln ist ein beliebter Badezusatz. Neben dem herben aromatischen Duft haben Badezusätze mit Fichtennadelöl bkeanntermassen eine förderliche Wirkung bei rheumatischen und neuralgischen Schmerzen. Die Herstellung von Fichtennadelöl ist ein komplizierter Vorgang, der im heimischen Haushalt kaum selbst zu bewerkstelligen ist. Zunächst werden die ätherischen Öle aus den Fichtennadeln destilliert. Im nächsten Schritt werden die wasserlöslichen Bestandteile des ätherischen Öles extrahiert. Nach Eindickung der gewonnenen Substanz, wird diese wieder dem ursprünglich gewonnen Öl zugesetzt. Alles in allem ist das eine umfangreiche Prozedur, die den Einkauf eines Fertigproduktes durchaus rechtfertigt. Wer allerdings sich ein Bad aus frischen Fichtenspitzen zubereiten will, braucht dafür nur zwei oder drei Handvoll und viel Geduld beim Putzen der Wanne.

Die EMA/MPC hat für die Heilmittel der Fichte bisher keine Monografie erstellt. Für Fichtennadelöl wurde seitens der Kommission E des BGA/BfArM eine Monografie erstellt.

Inhaltsstoffe:

ätherisches Öl mit Monoterpenen, Bornylacetat, α- und β-Pine, Phellandren, Cardine

Wirkung:

schleimlösend, durchblutungsfördernd, antiseptisch

Gegenanzeigen:

Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten bei der Anwendung von Heilmitteln der Fichte Vorsicht walten lassen! Sie können die Symptome verschlechtern statt zu bessern.

Einen verstärkten Bronchospasmus können Anwendungen mit Heilmitteln der Fichte bei Asthmatikern und obstruktiven Bronchialerkrankungen sowie Keuchhusten auslösen.

Ähnliche Beiträge

  • März-Veilchen

    März-Veilchen (Viola odorata) März- oder auch Duftveilchen sind kein Zeichen der zunehmenden Klimaveränderung. Tatsächlich gehören sie zu den ersten Frühlingsboten und ihre Blütezeit ist schon der März. Erst im Mai folgen dann ihre Schwestern die Hain-Veilchen (Viola riviniana), die sich in Laubwäldern zu Hause fühlen. Ihre aromatischen Blüten sind begehrt. Kandiert bzw. in Zucker eingelegt und…

  • Leberblümchen – was für ein Name

    Leberblümchen (Hepatica nobilis) Wie der Name schon sagt, ist der an sonnigen Plätzen gedeihende Frühblüher ganz eng mit dem lebenswichtigen Organ Leber verbunden. Das kleine Leberblümchen gilt als einer der beispielhaftesten Vertreter der Signaturenlehre. Die Blätter des Leberblümchens besitzen die äussere dreilappige Form einer menschlichen Leber. Darauf basiert das Prinzip der Signaturenlehre. Heilwirkungen von Pflanzen…

  • |

    Äpfel – Inbegriff gesunder Früchte

    Apfelbaum (Malus) Früher wurde alles aus einer ganz anderen Perspektive gesehen. Sprach man von Äpfeln, meinte man nicht nur die runden prallen Früchte. Es ging um den gesamten Baum. Das entsprach beispielsweise auch der Sichtweise der Heilkundigen Hildegard aus Bingen. Sie beschrieb die heilenden Kräfte, die sich in den Blättern, den Zweigen und dem Stamm…

  • |

    Ginkgo – der inspirierende Heiler

    Ginkgo (Ginkgo biloba) Dem Ginkgo widmete der Dichter Johann Wolfgang von Goethe ein rätselhaftes Gedicht über Freundschaft und Liebe. Zu seiner Zeit, im ausgehenden 18. Jahrhundert war der aus China stammende Baum eine Rarität in den Gärten europäischer Höfe. Damals erwachte das Interesse an fernöstlichen Kulturen. Das hatte auch Einfluss auf die Gartenkunst. Heute säumen…

  • |

    Orangenblüten – duftende weisse Sterne

    Orangenblüten (Citrus aurantium flos) Die Jasminduft versträumenden Blütensterne der Orangenbäume faszinieren uns. Wegen des Aromas und des unglaublich schönen Blütenschmuckes dienen Orangenbäume mit ihrem mediterranem Flair vermehrt als Dekoration von Gärten, Veranden und Wohnzimmern. Trocknet man die gesammelten Orangenblüten, können diese zum Aromatisieren oder zum Abrunden des Geschmacks wertvoller Kräutertee-Kompositionen verwendet werden. Zugeschriebene Heilwirkungen konnten…

  • |

    Walnussbaum – Beim Jupiter!

    Walnussbaum (Juglans regia) Besonders geschätzt sind die Früchte und das Holz des Walnussbaums. Ein appetitliches Naschwerk sind die Nüsse vor allem zur Weihnachtszeit. Zu diesem Zeitpunkt haben die im Herbst geernteten Früchte ihren idealen Reifegrad erreicht. Eingebettet in saftiges grünes Fruchtfleisch reifen die Nüsse auf den Bäumen. Nach der Ernte oder dem einfachen Herabfallen müssen…