|

Karden – die vielfach Unbestätigten

Karden im Klostergarten des Benediktiner-Stifts Kremsmünster

Weber Karde (Dipsacus sativus L.) und Wilde Karde (Dipsacus fullonum L.)

Über die Karden finden sich in der Literatur eine Menge Heilwirkungen, die ihnen zugeschrieben werden. In der Vergangenheit kamen Umschläge aus Blättern der Karde gegen Bauchfluss, Eiterknoten und Wundrosen zur Anwendung. Aus dem Fokus der Pflanzenheilkunde sind die Karden fast vollständig verschwunden. Mit viel Glück finden sie sich in botanischen Gärten oder auf randständigen Wiesen.

„Ein Kardenumschlag auf das geschorene Haupt hilft Kranken, die an Hirnwut leiden.“

Das Cirka Instans; Übersetzung von Konrad Goehl

Der Betrachter ist geneigt, in den Karden eine Distelart zu sehen. Die Karden bilden eine eigene Gattung mit zwei namhaften Vertreterinnen. Die Wilde Karde (Dipsacus fullonum L.) mit ihren typischen länglichen Tragblättern, die länger als der Blütenstand sind, ist in letzter Zeit als potenzielles Phytotherapeutikum bei Borreliose ins Gespräch gekommen. Der Gebrauch der Weber-Karde (Dipsacus sativus L.) beschränkte sich über die Jahrhunderte lediglich auf den handwerklichen Bereich. Weber und Tuchmacher nutzten ihre getrockneten Blütenstände zum Kämmen oder Aufrauhen von Tuchen und Stoffen. Es sind die starren Spreublätter der Blütenstände in ihrer rückwärts gerichteten Krümmung, weshalb sie sich als natürliches Bürstchen für die Behandlung von Stoffen eignen.

Traditionell zählen die Karden in Ostserbien und Westbulgarien zu den unreinen Kulturpflanzen. Ein weit verbreiteter Aberglaube vermittelt, dass Missgeschicke wie zufällig zugezogene Schnitt- und Stichwunden daher rühren, weil die Person vorher auf eine unreine Dornenpflanze wie die Karde getreten sein muss.

Die Karde ist eine typische Pflanze der Volksmedizin. Ihre Anwendungen sind tradiert und wenig erforscht. Erstaunlicherweise hielt sich selbst die gelehrige Hildegard von Bingen bei der Beschreibung der Karde kurz. So vermerkte sie: „Die Karde ist heiss und trocken.“ Lediglich ihre Verwendung bei Vergiftungen und bei Ausschlägen führt sie auf.

Monografien wurden weder von der Kommission E noch von der europäischen Organisation EMA/HMPC verfasst.

Erstaunliche Forschungsergebnisse aus Polen und Estland lassen aufhorchen. Wissenschaftler fanden ein erhebliches Potenzial der Wilden Karde (Dipsacus fullonum L.) im Bezug auf antibakterielle Wirkungen insbesondere bei Borrelia burgdorferi, dem Erregerstamm der gefürchteten Lyme-Borreliose. Daneben zeigten Extrakte aus Blättern und Wurzeln eine hohe Zytoxizität (Zellgifte), was ihrer uneingeschränkten Anwendung entgegensteht.

Wilde Karde – ein Mittel gegen Borreliose?

Ähnliche Beiträge

  • |

    Lein – der Problemlöser

    Lein (Linum usitatissimum L.) Leinsamen wird stets in Verbindung mir gesunder Ernährung erwähnt. Tatsächlich sind die Früchte des Leins hilfreich bei Verstopfungen und Darmträgheit. Zu einem sind sie Träger eines in letzter Zeit wenig wertgeschätzten Öls, das reich an Omega-3-Fettsäure und ungesättigten Fettsäuren ist. Zum anderen besitzen die Leinsamen hervorragende Quelleigenschaften und setzen dabei Schleimstoffe frei. Das…

  • Rosmarin-Öl – kein Selbstläufer

    Aromatisches und tonisierendes Romarin-Öl selbst herstellen? Eigentlich sollte das doch ganz einfach sein. Wer Rosmarin im Garten oder auf der Fensterbank hat, könnte die Zweige für einige Zeit in Pflanzenöl einlegen. Im Laufe der Tage und Wochen nimmt das Öl allmählich die Aromen der Rosmarinzweige auf. Allerdings ist das Ergebnis nur ein aromatisiertes Öl, was…

  • |

    Raute – im Strahle des Phoebus

    Raute (Ruta gravolens L.) Der Kräuterpfarrer Sebastian Kneipp bedauerte in seiner Schrift zur Hausapotheke die relativ geringe Bekanntheit der Raute. Er sprach ihren Blättern eine stärkende und kräftigende Wirkung zu. Bereits in der griechischen Heilkunst war die harntreibende Wirkung der Rauten-Blätter bekannt und wurde wohl als Entgiftungsmittel verwendet. Walafrid Strabo war überzeugt von der Heilkraft…

  • Überraschung: Benediktenkraut heilt Nerven!

    Rund 1,2 Mio. Euro hat sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Studie zur Erforschung eines Wirkstoffs aus dem Benediktenkraut (Cnicus Benedictus) kosten lassen. Das zeigt einmal wieder, dass wissenschaftliche Studien zu natürlichen Heilstoffen nicht zum Nulltarif zu haben sind. In diesem Fall hat sich die Förderung durch die öffentliche Hand ausgezahlt. Sie war…

  • |

    Kürbis – kugelrund und kerngesund

    Irgendwann leuchten die Früchte des Kürbis (Cucurbita) gelb oder orange durch das grüne bodendeckende Laub seiner weitverzweigten Blätter. Was als kleines Pflänzchen in einer entlegenen Ecke, häufig der Komposthaufen, seinen Anfang nahm, treibt nun riesige Früchte. Meistens sind sie rund. Sie können aber auch andere Formen annehmen wie z.B. der Flaschenkürbis. „Auch der Kürbis wächst…

  • Estragol heisst der Übeltäter

    Europäische Arzneimittel-Agentur entzieht Fenchel-Öl die Zulassung als pflanzliches Arzneimittel Die Meldung kam nicht überraschend. Es deutete sich seit Jahren an, dass Fenchel-Öl seine Anerkennung als pflanzliches Arzneimittel verlieren würde. In einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme teilte die europäische Arzneimittelbehörde (EMA/HMPC) mit, dass sie die Monografie für Fenchel-Öl (Foeniculum vulgare, aetheroleum) aus dem Jahre 2007 zurückzieht. Bisher…