|

Pestwurz – ihm ist auch nicht zu trauen

Der Pestwurz ist ein Frühblüher an den Ufern von Gewässern mit riesigen Blättern.

Pestwurz (Petasites hybridus)

Im Graubraun der verdorrten Blätter des Vorjahres sind die fleischrosa Blütenstände des Pestwurzes die ersten Boten des Frühlings an Fluss- und Bachläufen. Die langgestielten herzförmigen Blätter erscheinen erst nach Anbruch der Blüte. Die zum Beginn des Frühjahrs noch kleinen Blätter des Pestwurzes (Petasites hybridus) entwickeln sich zu einer Grösse, die alle anderen Blätter unserer einheimischen Flora übertreffen. Riesige Blattrosetten bedecken dann ab Sommer oft auf weiten Strecken Uferränder und andere feuchte Böden. In ihrem Schatten ist für andere Pflanzen kein Vorrankommen. Kinder nutzen die Blätter spassenshalber gerne als Regen- oder Sonnenschirme. Die Grösse und die Festigkeit der Blätter haben so manchem Wanderer das „Toilettenpapier“ ersetzt. In Bayern wird er wahrscheinlich deshalb sogar als Arschwurz tituliert.

Die Pest vertreiben und heilen konnte der Pestwurz nicht. Zumindest finden sich dafür keine nachhaltige Belege. Vielmehr standen in der Vergangenheit für die Volksmedizin Krämpfe im Magen-Darm-Bereich, sowie im Urogenitaltrakt im Fokus bei seiner Verwendung als Heilmittel. Aber nicht alle Inhaltsstoffe des Pestwurzes (Petasites hybridus) sind unbedenklich.

Keine Unbedenklichkeit wegen berüchtigter Pyrrolizidinalkaloide!

Die Blätter und die Wurzeln des Pestwurzes enthalten im hohen Masse die leber- und zellschädigenden Pyrrolizidinalkaloide. Daher beschränkt sich die Anwendung von Pestwurz in der Kräuterheilkunde auf die Nutzung bereits verarbeiteter Extrakte und Fertigarzneimittel, vornehmlich aus den Wurzeln des Pestwurzes (Petasides rhizoma).

Die HMPC/EMA hat für den Pestwurz (Petasites hybridus) keine Monografie erstellt. Seitens der Kommission E besteht für die Wurzeln des Pestwurzes eine Positiv-Monografie, die allerdings sich nur auf mit Ethanol oder lipophilen Lösungsmitteln gewonnene Extrakte bezieht.

Wurzelextrakt gegen Migräne

Beschrieben und in der wissenschaftlichen Diskussion sind Inhaltsstoffe, die vasodilatierend (gefässerweiternd) und entspannend auf die glatte Gefässmuskulatur wirken. Die beobachteten Effekte scheinen hauptsächlich auf die pharmakologisch aktiven Verbindungen Petasin, Isopetasin und Neopetasin zurückzuführen zu sein. Offenbar beeinflussen sie Entzündungs- und Schmerzmediatoren. Das könnte zu den Ergebnissen von plazebokontrollierten Doppelblindstudien passen, die den Extrakten aus Wurzeln des Pestwurzes eine Eignung zur Migräneprophylaxe und zur Behandlung von Spannungskopfschmerz bestätigen.

Pflanzliches Heilmittel bei allergischem Schnupfen

Ein wirksames Mittel für Allergiker scheint das Extrakt aus den Blättern des Pestwurzes zu sein. In kontrollierten klinischen Studien wurde die Wirksamkeit überprüft. Die Entdeckung der lindernden Wirkung bei Heuschnupfen war rein zufällig. Man geht davon aus, dass die Inhaltsstoffe die Bindung von Histaminen an den M1-Rezeptor hemmen.

Krampflöser in der Wurzel

Die entzündungshemmenden und krampflösenden Inhaltsstoffe können unterstützend bei schmerzenden Krämpfen im Magen-Darm-Bereich und im Urogenitaltrakt zur Linderung beitragen.

Inhaltsstoffe:

Sesquiterpene, Petasin, Isopetasin, Neoisopetasin

Wirkung:

spasmolytisch, antiinflammatorisch

Hinweis:

Bitte verwenden Sie nur in Apotheken erhältliche Präparate, die nachweislich frei von Pyrrolizidinalkaloiden sind!

Ähnliche Beiträge

  • Schmerz lass nach!

    Wenn gegen jedes Leiden ein Kraut gewachsen ist – auch eines gegen Schmerzen? „Nun hab Dich nicht so!“ Vielen von uns klingen die Worte aus der Kindheit in Erinnerung eines schmerzhaften Ereignisses nach. Eltern wollen in der Regel mit diesen Worten nicht nur das Geheule und unnötige Tränen verhindern, sondern auch einer sich entwickelnden Überempfindlichkeit…

  • |

    Wundklee – das Zauberkraut

    Berg-Wundklee (Anthyllis montana) Der Wundklee kommt mit einfachsten Böden zurecht. Als Tiefwurzler holt er sich die Nährstoffe und das Wasser aus tieferen Erdschichten. Daher wird er gerne für die Befestigung von lockeren Gestein und kargen Wiesen genutzt. Was der Ursprung für die Bezeichnung als Zauber- oder Schreikraut sein könnte, ist schwer zu sagen. Es soll…

  • Langblättriges Ehrenpreis – Blume des Jahres 2018

    Wie wäre es mit einem kleinen Blauen? Das langblättrige Ehrenpreis (Veronica maritima) zählt nicht wie die kleine Schwester zu den Heilpflanzen. Jedoch sind seine blau-violetten Blüten bei Hummeln, Bienen und Schwebfliegen äusserst populär. Für die Insekten ist sie eine begehrte Futterstelle und wird ihrer Bezeichnung als Bienenweide gerecht. Bereits im Oktober 2017 kürte die Loki…

  • Alle reden nur vom Wetter!

    Ist Wetterfühligkeit nur ein Phänomen? Alle reden übers Wetter. Das verwundert nicht. Fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist überzeugt, dass das Wetter einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden hat. Schon bei sich ankündigendem Wetterwechsel klagen nicht wenige Menschen über schmerzende Narben oder Kreislaufstörungen. Angeblich nehmen Frauen die wetterbedingten Symptome…

  • Mittelmeer Strohblume – ein neues Antidepressivum?

    Mittelmeer Strohblume (Helichrysum stoechas L.) Die Goldene Unsterbliche ‚Immortelle dorée‘, so wird die uns bekannte Mittelmeer-Strohblume von unseren französischen Nachbarn genannt. Obwohl als Mittelmeer-Strohblume bekannt, findet man sie auch in den Dünen an der Atlantikküste und auf den kargen Böden der Haute Provence. Für manchen weckt das Aroma der knallgelben Blüten Urlaubserinnerungen. Der starke, würzige…

  • Senf – etwas zum dazu geben

    Weisser Senf (Sinapis alba) Gelbe Felder überspannen spätestens im Mai die Frühlingslandschaft. Meistens handelt es sich dabei um den ölgebenden Raps. Wenig später leuchtet es vereinzelt wieder leuchtend Gelb. Zwischen Juni und Juli ist die Blütezeit des Senfs. Geerntet werden die Schoten je nach Wetterlage ab September bis Oktober. Die in den Schoten eingelagerten Körner…