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Bertram – der Rätselhafte

Bertram mehrjährig Roggenburg

Bertram (Anacyclus officinarum)

Den Bertram schätzte die Heilkundige Hildegard von Bingen als Mittel zur Stärkung, das die Fäulnis vermindert und das gute Blut vermehrt. Sie preist seine gute Heilkraft, die sanfte Msichung von gemässigter und ziehmlich trockener Wärme. Im Menschen soll sie, ihrer Meinung nach, einen klaren Verstand bewirken.

Die interessanten Pflanzenteile des Bertram befinden sich unter der Erdoberfläche. Es sind die Wurzeln. Ihre Zubereitung ist vielfältig. Sie reicht von Pulvern, über Tinkturen, Salben bis hin zu Aufkochungen für Tees. In der traditionellen Medizin werden die Wurzeln von mehrjärigem Bertram (A. pyrethrum) zur Behandlung von Zahnschmerzen, Speichelsekretion, Angina pectoris, Verdauungsproblemen, Lethargie, weiblicher Unfruchtbarkeit und sogar Lähmungen der Zunge und der Gliedmaßen angewendet. Es sind Rezepturen bekannt, die Betram zur Verwendung in Salben und Cremes bei Gicht und Ischias erwähnen und teilweise sogar zur als vorbeugende Mittel beschreiben. Aus der Literatur sind weitere pharmakologische und biologische Eigenschaften der Bertramwurzeln bekannt, wie beispielsweise als Aphrodisiakum, Immunstimulans, Antidepressivum, Insektizid, Schmerzmittel, Antikonvulsivum, Antioxidans, möglicherweise antidiabetische Wirkungsmechanismen und sogar als Gedächtnisverstärker.

Dioskurides riet bei Zahnschmerzen zu einem Mundspülwasser, das aus in Essig gekochten Bertramwurzeln bestand. Ölige Einreibungen mit Betram sollen seinen Angaben nach den Schweiss treiben und bei Schüttelfrost helfen. In seinem Werk ‚De materia medica‘ pries Dioskurides den Bertram als ausgezeichnetes Mittel „gegen erkältete und erschlaffte Körperteile“.

Der sogenannte deutsche Bertram (Anacyclus officinarum syn. Pyrethrum germanicum) ist ein gezüchteter Ableger des mehrjährigen Bertrams (Anacyclus pyrethrum). Beim mehrjährigen Bertram (A. pyrethrum) handelt es sich um eine Wildart aus der Familie der Asteraceae, die im Mittelmeerraum und Maghreb beheimatet ist. Bisher ist der Bertram eine Heilpflanze die nur der traditionellen Volksmedizin zugeordnet wird und keinerlei offizielle Anerkennung geniesst. Das breite Spektrum von Anwendungen in der Volksmedizin hat Wissenschaftler der Universitäten Fes, Casablanca, Rhiad, Jenin und Helsinki zu einer umfassenden Analyse veranlasst. Im Fokus dieser Arbeit standen die chemischen Komponenten, welche die analgetischen, entzündungshemmende und wundheilende Eigenschaften verschiedener Pflanzenteile des mehrjährigen Bertrams (A. pyrethrum) bewirken.

Bertram ist eine altbekannte Pflanze in der traditionellen Volksheilkunde, die bisher keine offizielle Anerkennung als Heilpflanze erfahren hat. Weder die EMA/HMPC, noch das BafRM noch die ESCOP haben eine entsprechende Monografie bisher veröffentlicht.

Die phytochemische Analyse der untersuchten Pflanzenextrakte bestätigte das Vorhandensein interessanter Verbindungen, einschließlich einiger neu entdeckter Elemente, wie Sarcosin, N-(Trifluoracetyl)-Butylester, Lävulinsäure, Malonsäure, Palmitinsäure, Morphinan-6-One B. 4,5 alpha;-Epoxy-3-hydroxy-17-methyl, 2,4-Undecadien-8,10-diin-N-tyramid und Isovaleriansäure. Die Extrakte verschiedener Teile (Wurzeln, Samen, Blätter und Köpfchen) zeigten in experimentellen Tierversuchen vielversprechende entzündungshemmende, schmerzlindernde und wundheilende Wirkungen, was die Kenntnisse über die Heilwirkung aus der Volksheilkunde zu bestätigen scheint.

Inhaltsstoffe:

ätherische Öle, Gerbstoffe, Pyrethrin, Pellitorin, Inulin

Wirkung:

schmerzstillend, angstlösend, beruhigend, schleimlösend, entzündungshemmend


Quellen:

Jawhari, F.Z.; El Moussaoui, A.; Bourhia, M.; Imtara, H.; Mechchate, H.; Es-Safi, I.; Ullah, R.; Ezzeldin, E.; Mostafa, G.A.; Grafov, A.; Ibenmoussa, S.; Bousta, D.; Bari, A. Anacyclus pyrethrum (L): Chemical Composition, Analgesic, Anti-Inflammatory, and Wound Healing Properties. Molecules 2020, 25, 5469. https://doi.org/10.3390/molecules25225469

Dioskurides, Pedanios, De materia medica, Übersetzung: Julius Berendes (1902), Bearbeitung: Alexander Vögtli (1998), pharmawiki.ch

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