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Dornige Spitzklette – das fremde Kraut

Die Dornige Spitzklette ist ein Neophyt und als Heilkraut in unseren Breiten relativ unbekannt.

Dornige Spitzklette (Xanthium spinosum)

Wahrscheinlich hat sie schon jeder einmal gesehen, die Dornige Spitzklette (Xanthium spinosum). Nur wenige schenken dem Kraut vom Wegesrand Beachtung. Lediglich Botaniker und Biologen scheinen sich für sie zu interessieren. Es ist kein Fall von Fremdenfeindlichkeit, obwohl die Dornige Spitzklette (Xanthium spinosum) ein Zuwanderer aus Übersee ist. Vermutlich stammt sie aus Südamerika und erreichte Europa bereits vor rund 300 Jahren. Sie bevorzugt ein wärmeres Klima und sandige und nährstoffreiche Böden. Manch einer nennt sie ein „ruppiges Kraut“. Mehr als ein Unkraut, das den Weidetieren nicht zuträglich ist, scheint sie auf den ersten Blick nicht zu sein.

Wesentlich mehr Wertschätzung wird der Dornigen Spitzklette (Xanthium spinosum) in Südosteuropa und besonders auf dem Balkan zuteil. In der rumänischen Volksmedizin beispielsweise gilt sie als „Geheimtipp“ für das sogenannte Leiden der alten Männer. Gemeint ist damit die altersbedingte gutartige Vergrösserung der Prostata (benigne Prostatahyperplasie). Vielen Betroffenen sind der häufige Harndrang und ein abgeschwächter Harnstrahl bekannt. Oftmals wird die Blase nicht vollständig entleert. In schwereren Fällen bewirkt ein Harnverhalt die Stauung des Urins bis in die Harnleiter und in Folge die Schädigung der empfindlichen Nieren. Was sich anfangs nur als unangenehme Einschränkung in der Lebensqualität äussert, kann im Laufe der Zeit ernsthafte gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Die ärztliche konservative Behandlung einer benignen Prostatahyperplasie umfasst einerseits orale zu verabreichende Medikamenten bis hin zur chirurgischen Behandlung. Jede Behandlung hat jedoch ihre eigenen Nebenwirkungen und möglicherweise auch Komplikationen, die sorgfältig abgewogen werden sollten. Daher besteht bei vielen Männern im Frühstadium der Wunsch, das Problem möglichst mit natürlichen Mitteln in Griff zu bekommen.

Die recht häufige Verwendung der Dornigen Spitzklette (Xanthium spinosum) in der Volksmedizin auf dem Balkan ist den Wissenschaftlern nicht verborgen geblieben. Verschiedenen Studien beschäftigten sich ausführlich mit ihrer Wirkung und sie sind der Sache auf den Grund gegangen. Zunächst untersuchten sie anhand von Ratten, ob die beobachteten Effekte bei einer gutartigen Prostatavergrösserung durch die Einnahme von Xanthium spinosum auch im Laborversuch eintraten. Was auch tatsächlich der Fall war.[1] In ihrer weiteren Recherche stiessen sie auf die für ihre biologischen / pharmakologischen Aktivitäten bekannten Sesquiterpenoidlactone, die auch für die beschriebene Wirkung verantwortlich zu sein scheinen.[2] Bekannt ist, dass isolierte Sesquiterpenlactone wie Xanthatin, Xanthinol, Xanthinosin, Xanthinin usw. antimikrobielle, antitumorale, anti-leishmanielle, anti-ulzerogene, sowie entzündungshemmende Potenziale besitzen.[3] Darüber hinaus werden auch die Polyphenole diskutiert, welche in Laborstudien bei Zellengewebe aus gutartig vergrösserter Prostata, die bekannten entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen gezeigt haben.[4]

Noch ist es zu zeitig der Dornigen Spitzklette ein Loblied zu singen. Als Heilpflanze oder pflanzliches Arzneimittel fehlt ihr die offizielle Anerkennung. Wer im Frühstadium das „Leiden der alten Männer“ mit der alternativen Kraft der Pflanzen und Kräuter zu Leibe rücken will, sollte vorher mit seinem behandelndem Arzt darüber sprechen. Das Kraut der Dornigen Spitzklette (Xanthium spinosa) lässt sich über die Apotheke besorgen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass es sich nicht um eine homöopathische Zubereitung handelt. Wer es sich direkt vom Balkan besorgen will – der rumänische Name ist: Ghimpe.

Wirkung:

schweisstreibend, harntreibend, beruhigend, entzündungshemmend, abschwellend, desinfizierend,

Inhaltsstoffe:

Flavone, Xantanolide, Phytosterole, Saponine, Tannine, Chlorogensäure, Kaffesäure, ätherische Öle, Carotinoide

Nebenwirkungen:

Allergische Reaktionen sind möglich.

Nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit anwenden.

Überdosierung kann Erbrechen und Hypotonie (Blutdruckabfall) verursachen.

Nicht in Kombination mit Monoaminoxidasehemmern (Antidepressiva) oder Arzneimitteln gegen Bluthochdruck oder Prostataadenom anwenden.

Es ist kontraindiziert, während der Behandlung mit dieser Pflanze Gewürze, fermentierte Milchprodukte, Zitrusfrüchte, Saure Gurken und alkoholische Getränke zu konsumieren.


Quellen:

[1] Varga E, Marcu ST, Adoryan B. A Xanthii spinosi herba alkalmazása a jóindulatú prosztata megnagyobbodás kezelésében [Use of Xanthii spinosi herba in treatment of benign prostate hypertrophia]. Acta Pharm Hung. 2014;84(2):63-7. Hungarian. PMID: 25167701.

[2] Domokos Erzsébet, Kursinszki L, Kelemen H, Varga E. A szúrós szerbtövis (Xanthium spinosum L.) növényfaj fitofarmakológiai áttekintése [Phytopharmacological review of bathurst burr (Xanthium spinosum L.)]. Acta Pharm Hung. 2016;86(1):35-40. Hungarian. PMID: 27295875.

[3] Yuan Z, Zheng X, Zhao Y, et al. Phytotoxic Compounds Isolated from Leaves of the Invasive Weed Xanthium spinosum. Molecules. 2018;23(11):2840. Published 2018 Nov 1. doi:10.3390/molecules23112840.

[4] Mitsunari, K.; Miyata, Y.; Matsuo, T.; Mukae, Y.; Otsubo, A.; Harada, J.; Kondo, T.; Matsuda, T.; Ohba, K.; Sakai, H. Pharmacological Effects and Potential Clinical Usefulness of Polyphenols in Benign Prostatic Hyperplasia. Molecules 2021, 26, 450. https://doi.org/10.3390/molecules26020450.

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