Arzneipflanze des Jahres 2023: Echter Salbei – Salvia officinalis

Blühender Salbei in den Gärten des Musee International de la Parfumerie en Grasse.

„Mit einem Klassiker kannst Du nichts verkehrt machen.“ Das pflegte meine Grossmutter immer zu sagen, wenn besondere Entscheidungen anstanden. Sollte man etwas Neues, Exzentrisches wagen oder mit Bewährtem beeindrucken? Ihr kluger Ratschlag ist leichterdings auf viele Bereiche des Lebens anwendbar. So sehe ich mich mit Schere bewaffnet auf der Terrasse stehen und in Gedanken die zu pflückenden Kräuter durchgehen, die ich für die Bewirtung meiner Gäste benötige. Falls mich dann irgendwann der Mut verlässt, war die erdachte Komposition wohl zu gewagt. Wie schön, dass es die rauhen graugrünen würzigen Blätter des Salbei gibt! Kein Unbekannter, aber man hat ihn nicht alle Tage.

„Wer Salbei hat im Garten, kann auf den Tod lang warten.“

Regimen Sanitatis Salernitanum

Am letzten Tag des alten Jahres hat der interdisziplinäre Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde seine Wahl der Arzneipflanze des Jahres 2023 verkündet. Es ist der Echte Salbei (Salvia officinalis). Wahrscheinlich werden sich in den kommenden Tagen die kritischen Stimmen wiederholen, die etwas Spannenderes erwartet haben. In der Tat, scheint Echter Salbei der ewig Zweitplatzierte zu sein. Sein Geschmack ist streng und würzig. Verschenkte Salbeibonbons haben selten glückseliges Lächeln ausgelöst. Es sei denn, der/die Beschenkte hatte Halsschmerzen. Als Bestandteil von Mundwässern stösst das aus den Blättern extrahierte Salbeiöl lediglich im Zusammenspiel mit anderen Aromen auf mehr Vorliebe. Selbst als Gewürz finden sich Salbeiblätter nur selektiv in den Kochtöpfen und Pfannen wieder. 

Der Echte Salbei (Salvia officinalis) hat unsere volle Aufmerksamkeit verdient! Mit den Herausforderungen des Klimawandels müssen wir zurechtkommen. Dass uns alle das neue Jahr wieder zum Schwitzen bringen wird, ist mehr als wahrscheinlich. Weniger Trinken ist keine Option. Wer es schon einmal probiert hat, wird wissen, dass das Trinken von Salbeitee die Schweissproduktion verringert. Das funktioniert nicht nur unter den Achseln. Selbst Fussbäder mit Salbeiblättern können Leidgeplagten Linderung verschaffen. So ein Kännchen kalter Salbeitee lässt sich ganz leicht in den täglichen Trinkplan integrieren. 

Das Thema Zahngesundheit ist ein teures und ungeliebtes. Entzündungen und Reizungen in Mund und Rachen lassen sich mit Abkochungen frischer oder trockener Salbeiblätter nebenwirkungsfrei und äusserst kostengünstig behandeln. Das Wirkungsspektrum der Salbeiblätter ist vielfältig: antibakteriell, virustatisch, adstringierend, sekretionsfördernd. Daher geraten die Inhaltsstoffe des Echten Salbei (Salvia officinalis) immer wieder in den Fokus der Forschung, wenn es um Antibiotika-Resistenzen geht. Auch die krampflösenden und neuroprotektiven Eigenschaften der würzigen rauhen Blätter haben das Interesse der Wissenschaftler geweckt. Ob dem klinische Studien folgen, wird die Wirtschaftlichkeit der zu entwickelnden Produkte entscheiden. Einen kleinen Busch des relativ anspruchslosen Krauts in den Garten zu pflanzen, stellt keine grosse Investition dar. Sie wird sich allerdings garantiert auszahlen! 

Ein Fachgebiet, das der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde voller Leidenschaft „beackert“ ist die sogenannte Klostermedizin. Mit dem Echten Salbei (Salvia officinalis) haben sie natürlich einen der herausragenden Kandidaten auserkoren. Egal ob die Heilige Hildegard oder der gärtnernde Mönch Walahfrid Strabo, gar Jahrhunderte später Padre Renato – ein Klostergarten ohne den Echten Salbei – das ist undenkbar! Die Benediktinerinnen der Abtei zur Heiligen Maria in Fulda preisen zu Recht den Echten Salbei auch als die „Salva regis, die Königin unter den Heilkräutern.“ 

Quellen:

Pressemitteilung: Der Echte Salbei ist die Arzneipflanze des Jahres 2023; Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde; Würzburg, 31.12.2022.

Abtei Fulda, Heil- und Würzkräuter Naturgemäßer Anbau und Verwendung; 6. überarbeitete und erweiterte Ausgabe 2017.

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