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Stechender Mäusedorn – der Venenhelfer

Mäusedorn im Unterholz des Parkes von Caserta

Stechender Mäusedorn (Ruscus aculeatus)

Der Mäusedorn ist in unseren Regionen eine relativ unbekannte und unbedeutende Wildpflanze. Das könnte sich demnächst ändern. Jüngst hat die Europäische Arzneimittel Agentur EMA den Mäusedorn als traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Linderung von Beschwerden infolge venöser Durchblutungsstörungen, die sich als sogenannte schwere Beine äußern, anerkannt. 

Vor einem sorglosen Umgang mit Mäusedorn sei allerdings gewarnt. Alle oberirdisch wachsenden Pflanzenteile sind giftig! Besonders viel Gift enthalten die knallroten kugelförmigen Früchte (aktuell ist kein Foto mit den Früchten verfügbar). Lediglich die fleischigen, dicken Wurzeln können geerntet und zu Extrakten verarbeitet werden. Daher sollten Mäusedornextrakte nur von sicheren Quellen bezogen werden. Entsprechende Präparate und Extrakte sind in qualitativ sicherer Form in Apotheken erhältlich.

Manchem ist der stechende Mäusedorn auch als dornige Myrthe oder Dornmyrrhe geläufig. In unseren Breiten findet man ihn oft als Dekoration für Herbst- und Wintersträuße. Zunehmend wird der bodennah wachsende Busch auch in Ziergärten angepflanzt. Beheimatet ist der immergrüne Strauch mit den spitzen grünen Blättern, die eigentlich keine sind, in mediterranen Wäldern und Büschen. Er entstammt der botanischen Familie des Spargels, der auch keine Blätter entwickelt. Die blattähnlichen Seitentriebe werden als Phylokladien bezeichnet.

Die Fachliteratur nannte den Mäusedorn schon längere Zeit ein Venentherapeutikum

Die Wurzelstöcke des stechenden Mäusedorns enthalten die Stereoidsaponinglykoside Ruscogenin und Neoruscogenin. Das Ruscogenin weckt schon längere Zeit das Interesse der Pharmakologen. Beobachtet wurde, dass Ruscogenin eine gefäßverengende und schützende Wirkung gegen Ödeme besitzt. Die kosmetische Industrie nutzt die Wirkweise des Ruscogenins für Hautpflegeprodukte, die Tränensäcke verhindern oder deren Rückbildung fördern sollen. Generell kann man sagen, dass es sich um den gleichen Wirkmechanismus handelt. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass die Kosmetikindustrie im Gegensatz zur Pharmazie auch zum Nachweis der Unbedenklichkeit, aber nicht der tatsächlichen Wirksamkeit bei der Anwendung verpflichtet ist.

Wissenschaftliche Untersuchungen lassen darauf schließen, dass Ruscogenin zu einem den Abbau von Elastin verringert, zum anderen die Freisetzung von Nonadrenalin anregt. Elastin ist ein körpereigenes Eiweiß und die Grundsubstanz des elastischen Zellgewebes in den Wänden der Blutgefäße. Es trägt maßgeblich zur Stabilität und Flexibilität der Blutgefäße bei. Nonadrenalin ist ein Hormon, dass der Körper zur Engstellung der Blutgefäße speziell der Venen und der Kapillarzuflüsse ausschüttet. Die Vermutung ist, dass Ruscogenin die Rezeptoren für Nonadrenalin in den Zellen aktiviert, oder die Aufnahme von Adrenalin blockiert. Das würde das Zusammenziehen der Gefäße erklären. Man spricht auch vom Venentonus.

Beim Neoruscogenin geht man davon aus, dass es sich um einen Wirkstoff handelt, der an Rezeptoren andockt, die für die Synchronisation chemischer Reaktionen in den Zellen verantwortlich sind.

Daraus erklärt sich, wie die pflanzlichen Inhaltsstoffe des Mäusedorns die Beschwerden bei schweren Beinen aufgrund venöser Durchblutungsstörungen verbessern. 

Linderung bei lästigen Hämorrhoidalbeschwerden sind möglich

Auch für von Juckreiz und Brennen bei Hämorrhoiden geplagte Menschen kann der dornige Mäusedorn Linderung verschaffen. Das bestätigte die EMA/HMPC mit der Veröffentlichung der Monografie für den Mäusedorn. Sie stufte für diese Indikationen den stechenden Mäusedorn als traditionelles pflanzliches Arzneimittel ein – basierend auf der langjährigen Anwendung. Wenn die oben beschriebene Wirkung auf die Blutgefäße eintritt, kann das zum Abklingen der Schwellungen der entzündeten Hämorrhoidalknoten führen und die Gefäße in dem Bereich stabilisieren.

Die venentonisierende Wirkung des stechenden Mäusedorns ist in den Mittelmeerregionen allbekannt und geschätzt.

Die Informationen der Monografie der EMA/HMPC können sie unter diesem Link aufrufen: Monografie Mäusedorn (Ruscus aculeatus L. rhizoma)

Inhaltsstoffe:

Ruscogenin, Neoruscogenin, Phytosterole, Triterpene

Wirkung:

venentonisierend, kappilarabdichtend, entzündungshemmend, harntreibend

Gegenanzeigen:

Zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen sind Mäusedorn-Präparate nicht geeignet.

Während der Schwangerschaft und Stillzeiten sollte keine Anwendung von Mäusedorn-Präparaten erfolgen.

Vor Einnahme von Mäusedornextrakten sollte die Behandlung unbedingt mit einem Arzt besprochen und die Symptome abgeklärt werden.

Ein Arzt sollte konsultiert werden bei:

Entzündungen der Haut oder subkutanen Verhärtungen, Geschwüren, plötzliche Schwellung eines oder beider Beine, Herz- oder Niereninsuffizienz, rektale, Blutungen

Sollte innerhalb von zwei Wochen bei der Anwendung von Mäusedorn-Präparaten keine Besserung erzielt werden, oder die Symptome sich verschlimmern, ist ärztlicher Rat erforderlich.

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