Prieurè Saint-Gabriel Brécy

Besuch eines ehemaligen Klostergartens im Calvados

Stille überzieht das Land an diesem Julimorgen. Das schrille Rufen der Möwen ist längst nicht mehr präsent. Es ist hinter mir geblieben. Im welligen von weiten Feldern bespannten Landesinneren ist nicht ihr Revier und die Nahrungssuche ist nicht so einträglich wie an der nahen Küste. Die dicken dunklen Wolken vom Meer verkünden Regen, den sie sich weiter fürs Landesinnere aufsparen wollen. Geräusche der Landwirtschaft überziehen das Land. Da ist das Brummen eines Traktors und ab und zu eine muhende Wortmeldung eines der weissen Bretonischen Rinder, die noch mit ihren Fersen auf den Weiden stehen.

Früh am Morgen wirken die Dörfer wie leergefegt, wenn nicht hin und wieder im Fenster ein Gesicht oder ab und an auf den Höfen ein in Arbeit vertiefter Mensch sichtbar wäre. Beachtung wird dem Fremden kaum geschenkt. Er ist wie eine der Schwalben, die unablässig rasant ihre Kreise ziehen. Ihr aufregendes Fluggeschehen ist Teil des Sommers. Ist er vorüber sind auch sie verschwunden.

Skeptische Blicke unter der Schirmmütze erntet meine Frage, ob der Klostergarten betreten werden dürfe. Privè verkündet abschreckend das Schild am Tor. Meine Frage war ernst gestellt und mit Sicherheit kein Scherz. „Natürlich! Bitte sehen Sie sich um!“ Ja, diese Aufforderung war eine freundliche Einladung. Verlassen wirkt sie die Prieure und das schon seit langer Zeit. Fremdes neues Leben hat in ihr Einzug gehalten. So richtig passen will es ihr aber nicht. Als ob die alten Mauern das alte Gewand der Zeit nicht abstreifen wollen und alles Neue auf ihr lastet. Wesentlich mehr Wandlungsfähigkeit beweist der weitläufige Garten. Die ihm verpassten Verjüngungen stehen ihm gut. Nicht alles was ihm seit dem Wegzug der Mönche angedeihen lassen wurde, entspricht seinem ursprünglichen Charakter, passt zu ihm, ist ihm zuträglich. Wie auch immer: er hat die Mittel, nutzt die Macht der Wildheit und der Natur, lässt Unpassendes zuwildern.

Anfahrt und Internet-Adresse:

https://www.prieuresaintgabriel.fr

Ähnliche Beiträge

  • Orto Botanico di Palermo

    Der botanische Garten in Palermo Die Besuchermeinungen auf Tripadvisor gehen weit auseinander. Sie reichen von Enttäuschung bis zur totalen Begeisterung. In einem Punkt allerdings sind sich alle einig. Es ist ein ruhiger Ort im Kontrast zum strudeligen Gewusel auf Palermos Märkten und in den Strassen. Wer einen gepflegten nach akademischen Massstäben angelegten Garten erwartet, wird…

  • Cluny’s Jardin de Simples

    Wer bis zur Französischen Revolution Cluny sagte, meinte die einst so mächtige Abtei der Cluniazienser-Mönche im Burgund. Die Erinnerungen an die alte mächtige Abtei leben in ihren Ruinen fort. Die Bewohner Cluny’s haben einen kleinen Garten hinzugefügt. Darin finden sich all die Kräuter, die im Mittelalter wohl den Mönchen und den Menschen im Umland zur Verfügung gestanden haben könnten. Le jardin de simples – ein Garten der einfachen Kräuter, die heilen können.

  • Wo die guten Kräuter wachsen

    Zu Besuch auf dem Pflegerhof in Südtirol Gute Kräuter gedeihen nicht nur bei Sonnenschein und unter blauem Himmel inmitten einer herrlichen Berglandschaft. Davon sollte ich mich bei meinem Kurzbesuch auf dem Südtiroler Pflegerhof überzeugen. Dabei zeigte der Himmel sich gnädig und hielt die fetten Regenwolken zurück. Trotz der Hände voller Arbeit liessen mich die freundlichen…

  • In Linz wächst etwas!

    Der im Verborgenen blühende botanische Garten Linz erfuhr im Jahre 2009 mit der Ernennung zur Kulturhauptstadt Europas endlich die wohlverdiente Aufmerksamkeit. Vorbei sind die Zeiten, als es unter dem Ruf einer grauen Industriestadt litt. Kompakt und fussläufig reihen sich Attraktionen, Geschichte, Kultur und Lebensweise aneinander. Manche Plätze scheinen ausschliesslich den Einheimischen zu gehören. Dazu zählt…

  • Real Jardín Botánico Madrid

    Lebendiges Museum oder grosse Bühne? Nirgendwo scheint die Begeisterung für die Pracht der blühenden Tulpen grösser als in Madrid. Exaltierte Menschen und schrille Farben – die Tulpen im königlichen Garten geben es her. Hinter dem hohen Eisenzaun verwandelt sich der altehrwürdige Botanische Garten in eine Bühne. Unter Spaniens Frühlingssonne räkelt sich und posiert, wer kann…

  • Jardin Botanique Édouard-Marie Heckel

    Ein sehenswerter Fluchtpunkt für alle, denen Hitze und Hektik bei ihrem Marseille-Besuch zu viel wird, ist der Botanische Garten der Stadt am Rande des Parc Borèly. Im Trubel der Grossstadt und der Vielzahl an Sehenswürdigkeiten konkurriert er ganz dezent um die Aufmerksamkeit der endlosen Touristenströme. Der Eintritt ist kostenfrei. Das Procedere zum Zutritt ist unübersichtlich….